Grafikdesignerin an ihrem Arbeitsplatz


Zwischen Heil-und Sonderpädagogen, Lehrern, Logopäden und Heilerziehungspflegern vermutet man auf den ersten Blick keinen Grafikdesigner. Doch genau diesen Job gibt es im CJD in Thüringen. Unsere Rubrik „Mein Job, dein Job“ blickt hinter die Kulissen des kreativen Berufs von Melanie Skowronek-Stieb, die im Zentrum für Kommunikation arbeitet. Sie ist eine Akrobatin der Farben und Formen und verzaubert jeden Text in ein kleines Kunstwerk. Auf ihrem Zeichenpad verbindet sie Erfahrung mit Handwerk und lässt dadurch neue Dinge entstehen. Und genau aus diesem Grund war es mal Zeit für ein Interview mit der Einzigen ihrer Art im CJD Thüringen.

Frau Skowronek-Stieb, was muss ich mir unter dem Job „Grafikdesignerin“ vorstellen?

Ganz banal gesagt ist es ein Handwerksberuf, der ebenso eine Ausbildung erfordert, wie beispielsweise ein Elektriker. Natürlich braucht man vermutlich andere Voraussetzungen. Ich habe gelernt, Konzepte für Produkte, Marken und Firmen zu ersinnen, umzusetzen und auf ihren Erfolg hin zu testen, mich in Zielgruppen hineinzudenken und ihre Bedürfnisse zu analysieren. Zwischen Zeichnen, Dunkelkammer, Bildretusche am Computer, Layout, Pixeln und Vektoren, Betriebswirtschaft und Psychologie lernt man alles, was einen dazu befähigt, die Idee des Kunden zu sehen, zu verstehen und in allen erdenklichen Medien und Werbemitteln umzusetzen und zu verbreiten, egal ob digital oder analog, gedruckt oder als Bewegtbild.

Warum haben Sie sich für das CJD Thüringen, also ein Bildungs- und Sozialunternehmen entschieden?


Wenn man in Agenturen arbeitet, kommen und gehen die Kunden zusammen mit ihren Projekten. Man wird gebrieft, also auf das Projekt eingeschworen. Es folgen Recherche, Analyse, Brainstorming (Ideenfindung), Skizzen und Umsetzung. Dieser Prozess ist mehr oder weniger immer derselbe und dauert zwischen zwei Wochen und vielleicht 24 Monaten. Am Ende bleibt das Produkt und man hat eventuell etwas über die Zielgruppe gelernt. Da geht es oft nur um Geld und Wachstum und das nächste große Ding. Der Mensch ist eher zweitrangig.

Mir fehlte nach all den Jahren ein bisschen der Sinn, die Perspektive in meinem Tun. Für wen mache ich das? Was gibt mir dieser Job zurück? Dieses Gefühl, irgendwie in einen leeren Raum Kreativität zu werfen und kein Echo zu bekommen war vielleicht meine Stärkste Motivation, mich auf die Stelle im CJD zu bewerben. Neuer Weg, neue Herausforderungen.

Jetzt sehe ich häufiger ganz direkt, für wen ich etwas gestalte, wie es bei demjenigen ankommt und manchmal auch sehr schöne Reaktionen auslöst. In der Bildung und im Sozialbereich habe ich die Möglichkeit, mit meinen Mitteln, den Menschen, für die ich gestalte, ganz direkt etwas zu geben... auch wenn das keineswegs vergleichbar ist mit der täglichen Arbeit meiner Kollegen. Aber es ist auf jeden Fall erfüllender, als Konzepte großer Autobauer oder Energiekonzerne zu bearbeiten.

Mit welchen Schlagwörtern würden Sie Ihren Job beschreiben?

Bunt, kopflastig, vielseitig, anspruchsvoll, fleißtreibend/diszipliniert, rastlos.

Welche Eigenschaften sind wichtig für Ihre tägliche Arbeit?

An erster Stelle Kreativität, Fantasie und Vorstellungskraft, ohne die kommen keine Ideen zustande. Ein bisschen Abstraktionsvermögen und Empathie, denn ich muss aus dem gesprochenen Wort, dem Wunsch meines Gegenübers herauslesen, was er eigentlich ausdrücken oder „verkaufen“ will und das dann in eine ansprechende, zeitgemäße und stimmige Form bringen. Manchmal braucht es auch ein bisschen Geduld, denn nicht immer sitzt jeder Strich und jedes Layout auf Anhieb und ich „schraube“ gefühlt ewig, bis das Ergebnis das rüberbringt, was es soll. Und auch die Technik spielt manchmal nicht so mit. Sieht vielleicht nicht so aus, aber Layouts erzeugen oft große Datenmengen, mit denen nicht jeder Computer souverän umgeht. Dann heißt es oft warten und hoffen, dass das Programm nicht zusammenbricht. Zu guter Letzt verlangt meine Arbeit auf jeden Fall mächtig viel Fleiß, Disziplin und Durchhaltevermögen, z.B. wenn aus 1.000 Bildern die besten 150 ausgewählt und bearbeitet werden müssen und zwar so, dass am Ende alle zufrieden sind.

Wie sieht so ein typischer Arbeitstag von Ihnen aus?

Meist ziemlich unspektakulär, weil ich eigentlich nur vor dem Bildschirm sitze und wie es so schön heißt „Pixel schubse“. Die Leistung, die zwischen meinen Ohren abgerufen wird, ist erst dann wirklich sichtbar, wenn ich meine Datei an den Drucker schicke, das ist wohl der aufregendste Moment nach vielen Stunden Stillsitzen. Da ich aber handwerklich auf vielen Hochzeiten tanze, versuche ich, wann immer das Projekt es zulässt, auch mal ganz analog zu zeichnen, zu malen, zu fotografieren, damit etwas Abwechslung in meinen Tagesablauf kommt.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Kreativitätskiller?

Zu viel Druck und enge Deadlines. Wenn alles immer schnell gehen muss, hat man oft gar keine Zeit, die Idee auch mal reifen zu lassen und vielleicht in zwei, drei Tagen ein viel besseres Ergebnis zu erzielen. Manchmal dauert es eben, bis der Funke für ein Projekt überspringt. Ich bin darauf trainiert, schnell Ideen zu liefern. Wenn das Alltag wird, ist das manchmal jedoch belastend.

Und wenn ein Kunde kaum Raum für den kreativen Prozess lässt und mich nur als Werkzeug zur Umsetzung seiner eigenen Idee sieht, kann das für ein Projekt unter Umständen hinderlich sein. Ich werde niemandem seine Idee von vorn herein ausreden, wenn ich das Gefühl habe, dass sie dem Projekt dient. Doch fast jahrzentelange Erfahrung hat mir auch gezeigt, dass Beratungsresistenz am Ende nur zu einem faden Kompromiss und Enttäuschung beim Kunden führt, weil er eben am Ende nicht das bekommt, was er sich erhofft hat, obwohl zu 100 % sein eigener Entwurf auf dem Papier steht. Ein bisschen Magie ist eben immer dabei, wenn man einem Profi vertraut.

Gibt es Herausforderungen, mit denen Sie sich im Berufsalltag auseinandersetzen müssen?

Der oben erwähnte Druck und damit verbundene Stress zeitweise wochenlang ohne Pause zu arbeiten, damit alle Kunden mit einem zufriedenstellenden Ergebnis nach Hause gehen.

Und sicherlich die vielen 1.000 Arbeitsschritte, Tastaturbefehle, Menüpunkte, Abläufe, Technikanforderungen, Spezifikationen, Programmroutinen, Tricks und Kniffe, die täglich abrufbar irgendwo in meinem Kopf auf ihren Einsatz warten, nicht einrosten oder veralten zu lassen. Ein kreativer Kopf muss immer wach sein, um Leistung zu bringen. Da ist jeder Input vielleicht wertvoll und man nimmt irgendwie alles auf, das man sieht und hört, um es vielleicht später zu verwerten.

Haben Sie als Grafikdesignerin einen typischen 9-to-5-Job?


Ich habe 12 Jahre lang freiberuflich gearbeitet, teilweise für vier Agenturen gleichzeitig. Da verlernt man ein bisschen, auf die Uhr zu schauen. Es gibt Druck-Deadlines, die es zu halten gilt, wenn die reißen, hängt viel Geld dran. Da kann man es sich nicht erlauben, alles fallen zu lassen, nur weil der Feierabend ran ist. Ich sehe jedoch zu, dass das Arbeiten vor 6:30 Uhr und nach 22:00 neben den „normalen“ 7 Stunden tagsüber die Ausnahme bleibt. Und kreativ sein, Ideen entwickeln und darauf herumkauen kann ich rund um die Uhr.

Was ist für Sie das Besondere an Ihrem Beruf?

Ich habe einen Weg gefunden, das was ich wirklich liebe und gut kann, zum Geldverdienen einzusetzen. Somit fühlt es sich gar nicht so sehr nach harter Arbeit an, auch wenn es das oft ist. Die Tage sind gefüllt mit Anforderungen an Kopf, Herz und Fingerspitzen und abends habe ich zeitweise das Gefühl, etwas wirklich Gutes gemacht zu haben. Wenn ich Menschen mit meinen Ideen begeistern und erfreuen konnte und nebenbei vielleicht sogar mit optischer Leichtigkeit auch trockene oder brenzlige Themen an die Zielgruppe gebracht habe, bin ich zufrieden.

Es fließt so viel zusammen in meinem Job, dass es nie eintönig wird. Alles ist möglich, und es gibt so viel zu tun. Schönheit rettet die Welt...


08.10.2018