Was steckt hinter dem Beruf des Heilerziehungspflegers? Unsere Rubrik „Mein Job, dein Job“ soll Einblicke hinter die Kulissen der verschiedenen Berufsfelder im CJD Erfurt geben. Lisa Willmann arbeitet als Heilerziehungspflegerin – auch HEP genannt – im Haus Lebensfreude, dem Kinder-und Jugendwohnbereich des CJD Erfurt. Sie erzählt aus ihrem Berufsalltag.

Frau Willmann, was muss man sich unter dem Beruf „Heilerziehungspfleger“ im Wohnbereich für Kinder und Jugendliche vorstellen?

Bei uns im Haus sind die Aufgaben von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich. Mal besteht der größte Anteil unserer Arbeit aus basaler Förderung in allen Lebensbereichen und bei Bedarf auch aus medizinischen Verrichtungen, mal wird sehr viel Wert auf Selbstbestimmung und Selbstständigkeit der Kinder und Jugendlichen gelegt. Das ist vorrangig in meiner Gruppe so.

Mit welchen 5 Schlagwörtern würden Sie Ihren Job beschreiben?

Begleiten, unterstützen, fördern, anregen, Ressourcen entdecken.

Was war Ihre Motivation, sich im CJD Erfurt als Heilerziehungspflegerin zu bewerben?

Ich bin aus privaten Gründen von Niedersachsen nach Thüringen gezogen und war auf der Suche nach einem Job rund um Jena. Dabei stieß ich auf die Internetseite des CJD Erfurt und entdeckte dort ein Zitat von Reinhard Turre: „Chancengleichheit besteht nicht darin, dass jeder einen Apfel pflücken darf, sondern dass der Zwerg eine Leiter bekommt.“ Dieses Zitat gefiel mir schon immer sehr gut und als ich es dann auf der Internetseite las, fühlte ich mich direkt wohl und habe mich dann natürlich gleich beim CJD beworben.

Welche Eigenschaften muss man mitbringen, um auf Ihrer Wohngruppe zu arbeiten?

 

Einfühlungsvermögen, also Empathie, ist wichtig. Ohne das geht es nicht. Aber auch Geduld, Ausdauer und ein gewisser Grad an Belastbarkeit sind nötig, um in diesem Job zu arbeiten.


Wie sieht so ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Der Frühdienst beginnt um 5.45 Uhr. Nach der Übergabe mit dem Nachdienst werden nach und nach die Kinder geweckt und für die Schule fertig gemacht. Wenn sie in der Schule sind, werden die anfallenden Arbeiten erledigt, wie die Dokumentation zu Medikamenten oder der Pflege. Auch besondere Vorkommnisse werden aufgeschrieben. Meine Kollegen und ich sprechen, wenn nötig, mit Eltern, der Schule oder gesetzlichen Betreuern. Arzttermine, Schulgespräche oder sonstige Termine nehmen wir in diesem Zeitraum auch mit wahr. Ansonsten fällt viel Kleinkram an.

Der Spätdienst beginnt um 12.30 Uhr. Zwischen 14.00 und 15.45 Uhr kommen die meisten Kinder aus der Schule. Dann schaue ich beispielsweise, ob Nachrichten in den Pendelheften stehen und zeichne sie gegebenenfalls gegen oder antworte darauf.

Da wir bei den Kindern viel Wert auf Eigen- und Selbstständigkeit legen, können sie sich ansonsten den Tag über frei beschäftigen. Sie haben die Möglichkeit, in den Garten zu gehen, an verschiedenen Förderangeboten teilzunehmen, fernzusehen oder einfach nur in ihren Zimmern zu bleiben. Wann sie Abendbrot essen, duschen und zu Bett gehen wollen, entscheiden sie auch selbst. Wenn alle im Bett liegen, werden wieder die anfallenden Aufgaben erledigt, die sich mit denen aus der Frühschicht gleichen: Dokumentation, Aufräumtätigkeiten und das Küchenbuch schreiben. Zudem werden das Übergabebuch der Gruppe und ein Hygienebuch geführt.

Gibt es Herausforderungen, mit denen Sie sich im Berufsalltag auseinandersetzen müssen?

Egal wo, jedes Kind verhält sich anders. Wenn nötig, müssen wir auch mal verbal deeskalieren.

Sie haben keinen typischen 9-to-5 Job. Fällt die Schichtarbeit manchmal schwer?


Dadurch dass ich in Jena wohne, sind für mich die Dienstwechsel von Spät- auf Frühdienst gefühlt sehr kurz. Zwar wird durch meinen Wohngruppenleiter und die Teamleitung darauf geachtet, dass ich zwischen den Diensten die gesetzliche Ruhepause einhalte, aber durch den Fahrweg von ca. 45 Minuten kommt mir die Ruhepause kürzer vor. Ansonsten ist es von Tag zu Tag unterschiedlich. Klar gibt es einerseits Tage, an denen ich mich gestresst und ausgelaugt fühle. Die Arbeit mit den Kindern gibt mir aber auf der anderen Seite viel Kraft und Energie und das möchte ich nicht missen.

Was ist für Sie das Besondere an diesem Beruf?


Ich finde es wichtig, gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen das Leben in der Gesellschaft so angenehm wie möglich zu gestallten. Mein Ziel ist es, Ihnen beim Erfüllen ihrer Träume unter die Arme zu greifen und auch mal auf andere Wege oder zu Ideen bringen. Ich bin also eine Art Ressourcenfinder oder Neugierwecker. Außerdem lernt man in dem Berufsfeld des Heilerziehungspflegers nie aus und kann sich immer in allen Bereichen weiterentwickeln.

26.04.2017