Neustart mit Erfahrungsschatz und vielen Ideen

16.05.2023 CJD Erfurt « zur Übersicht

Ralf Günther ist der neue Leiter des Fachbereichs Wohnen und Begleiten im CJD Sachsen/Thüringen. Der Job bringt abwechslungsreiche und manchmal auch turbulente Arbeitstage mit sich. Die sympathische Führungskraft hat neben jeder Menge Erfahrung auch ein ziemlich gutes Händchen für sein Team.

Ralf Günther hatte im Laufe seiner beruflichen Karriere schon verschiedene interessante Jobs. Er war viele Jahre Sozialarbeiter und Bereichsleiter in der Berufsausbildung, er leitete 6 Jahre lang ein Internat sowie 11 Jahre eine stationäre Einrichtung in der Eingliederungshilfe. Außerdem war er insgesamt 10 Jahre als Geschäftsführer gemeinnütziger Körperschaften tätig. Seine wertvollen beruflichen Erfahrungen bringt er nun mit viel Gelassenheit und neuen Ideen im CJD Sachsen/Thüringen ein.

Herr Günther, was verstehen Sie unter innovativen Wohnformen im CJD Sachsen/Thüringen?

Das Schlüsselwort lautet Selbstbestimmung. In Gemeinschaft leben zu wollen oder eben nicht, ist eine individuelle Entscheidung. Innerhalb dieser grundlegenden Varianten gibt es eine Unzahl individueller Schattierungen, die wir ganzheitlich in den Blick nehmen müssen.

Wie sieht im Moment ein ganz gewöhnlicher Arbeitstag von Ihnen aus?

Gewöhnliche Arbeitstage gibt es (noch) nicht. Ich hatte eine sehr ausführliche Einarbeitungsphase von 2 Monaten. Hier hatte ich viel Raum für Fragen und konnte mich in die CJD-Strukturen meines Fachbereichs einarbeiten. Zunächst war es mir wichtig, mein Team kennenzulernen und zu hören, was den Kolleginnen und Kollegen wichtig ist.

In der Regel lege ich meinen Arbeitsweg zu Fuß zurück, das schafft Zeit für Reflektionen und ist der Gesundheit in mehrfacher Hinsicht dienlich.

Worin sehen Sie Ihre drei Hauptaufgaben als Fachbereichsleitung?

1. Im Vordergrund steht die strategische Ausrichtung des Fachbereichs. Gemeinsam mit den Leitungskräften und den Mitarbeitenden ist die Gestaltung zukunftsfähiger Angebote eine zentrale Aufgabe.

2. Diese Prozesse bedürfen einer breiten Akzeptanz, um tragfähig zu werden. Kommunikation ist der Schlüssel für die Planung und Umsetzung von Anpassungsprozessen.

3. Dies macht sich vor allem in der Organisationsstruktur bemerkbar. Ich halte es für wesentlich, die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden für ihre Arbeit zu stärken.

Was bedeutet für Sie Qualität und wie wollen Sie dafür Sorge tragen?

Wir arbeiten mit Menschen. Kein Tag gleicht dem anderen, kein Mensch ist heute, wie er gestern war. Auf diese variablen Bedingungen zu reagieren, ohne die Ziele und den inhaltlichen Rahmen aus dem Blick zu lassen, ist eine täglich neue Herausforderung. Diese Arbeit immer als Dienst am Kunden zu verstehen und zu leisten ist für mich der Kern qualitativ hochwertiger Arbeit.

Woran würden Sie erkennen, dass die Wünsche und Bedürfnisse bei Kunden mit sehr hohem und komplexem Unterstützungsbedarf berücksichtigt bzw. erfüllt werden?

In meiner Arbeit als Heimleiter habe ich eine Frau kennengelernt von der wir nicht wussten, ob sie gerade Freude, Schmerz, Vergnügen oder Trauer empfindet. Erst im Wechsel des Umfeldes, z.B. während unserer Ferienfreizeiten, bemerkten wir kleine Veränderungen im Verhalten. Dass wir den Alltagszustand als Zufriedenheit oder eine Auffälligkeit als Folge der Beeinträchtigung werten, reicht nicht aus. Es gilt, die Bedingungen zu variieren und zu sehen, wo die tatsächlichen Wünsche und Bedürfnisse liegen.

Was bedeutet die Umsetzung des BTHG für die Organisationentwicklung in Ihrem Fachbereich?

Die Umsetzung des 7. Kapitels SGB IX stellt uns vor gewaltige Aufgaben. Es gilt nicht nur, die Individualisierung der Leistungen innerhalb des Fachbereichs umzusetzen, sondern darüber hinaus zu gehen und umfassende, klientenzentrierte Pakete auf Grundlage der Gesamtplanungen zu generieren. Ein zukunftsweisendes Strukturmodell ist im Fachbereich bereits entstanden, jetzt gehen wir die Schritte in Richtung Umsetzung.

Welche Herausforderungen werden 2023/24 auf Sie zukommen in der Planung künftiger Wohnformen?

Wohnen unterliegt keinem starren Standard. Wir entwickeln im Fachbereich Lösungen, den individuellen Bedürfnissen stärker Rechnung zu tragen. Als größte Herausforderung hat sich die Steuerung individuell zugeschnittener Inhalte und damit verbunden die Organisation der konkreten Angebote an die Kundinnen und Kunden erwiesen. Hier arbeiten wir an einer Lösung.

Was würden Sie in Ihrem Fachbereich Wohnen und Begleiten am liebsten ändern, wenn Geld keine Rolle spielen würde?

Ich würde gern Wohnumfelder schaffen, die gleichermaßen Individualität, Gemeinschaft und Unterstützung fördern. Doch ich denke, dass wir dies auch ohne riesige Investitionen hinbekommen.

Was motiviert Sie?

Menschen motivieren mich. Eine offene Kommunikation, Vertrauen, ehrliche Rückmeldungen sind für mich immens wichtig.

Privat gefragt: Wie sieht Ihr Traum vom Wohnen aus?

Ich lebe mit meiner Frau in einer 3–Zimmer–Plattenbauwohnung im 6. Stock ohne Fahrstuhl. Das kommt unserem Traum sehr nahe, denn wir haben einen freien Blick zum Wald, nette Nachbarn, eine gute energetische Bewertung des Gebäudes und keine Sorge um den Bestand unseres Mietvertrages. Ist das genug? Ja, denn Glück verbindet sich für uns beide nur in ganz geringem Maß mit materiellen Gütern.