Ein Beruf zum Verlieben – Lächeln und Herzensmomenten inklusive
Von 5 Uhr morgens bis spät abends versprühen Sabine Mock und das Team von cjd pflege + viel gute Laune, Herzlichkeit und Charme. Die lebenslustige Pflegefachkraft ist seit einem halben Jahr Mitglied des ambulanten Pflegeteams und hat bis jetzt keine Sekunde bereut.
Der 52-Jährigen wird ein großes Geschenk mit diesem Beruf gemacht, denn sie liebt es, Menschen mit ihren unterschiedlichen Vorlieben, Talenten und Herausforderungen zu begegnen. „Die Beziehungen sind durch die lange Begleitung oft sehr persönlich und es ist schön, meine Kunden ein Stück durch ihr Leben zu begleiten“, schwärmt die CJD Mitarbeiterin. Dennoch wird es immer schwieriger, Nachwuchs für den Beruf zu begeistern. In unserem Interview räumt Sabine Mock endlich mal auf mit den vielen Vorurteilen gegenüber ihrer Berufsgruppe. Denn eigentlich ist alles anders…
Frau Mock, Sie haben in den vergangenen Jahren im ambulanten Hospizdienst und in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungserfahrungen gearbeitet. Wie kam es zu dem Wunsch wieder in die Pflege einzusteigen?
Mich hat die Kombination der Arbeit bei cjd pflege + gereizt. Die Arbeit mit Menschen mit Behinderungserfahrungen und das Herzblut für die ambulante Pflege, kann ich hier perfekt vereinen.
Was war Ihre Motivation, sich als Pflegefachkraft bei uns zu bewerben?
Mein befristeter Arbeitsvertrag bei meinem früheren Arbeitgeber wurde nicht verlängert und so folgte der obligatorische Standarttermin bei der Agentur für Arbeit Erfurt. Bei der Aufnahme meiner Daten meinte die Dame am Schalter: „Das CJD ist ein guter Arbeitgeber, bewerben Sie sich doch dort.“ Was soll ich dazu noch sagen? Den Termin bei meinem Berufsberater musste ich dann gar nicht mehr wahrnehmen, da ich bereits hier angefangen habe.
Na das nenne ich mal eine tolle Empfehlung von der Arbeitsagentur. Hat die Dame an der Info auch richtig gelegen?
Ja, das hat sie definitiv. Ich kann mich in diesem Pflegedienst auch in Bezug auf die Arbeit mit Menschen mit unterschiedlichem Unterstützungsbedarf verwirklichen. Das ist eine tolle Mischung und sehr abwechslungsreich. Und das Beste daran, ich kann aufgrund der vielfältigen Kundschaft noch einiges dazulernen.
Schichtsystem, schlechte Bezahlung, chronische Unterbesetzung in den Teams – ambulante Krankenpflege im Allgemeinen hat ein schlechtes Image, zu Recht?
Nein auf keinen Fall. Menschen mit Hilfebedarf sind eben rund um die Uhr auf Unterstützung und Begleitung angewiesen. Das weiß man, wenn man sich für diesen Beruf entscheidet. Außerdem hat das Schichtsystem auch durchaus Vorteile – ich sage nur leere Supermärkte und am Morgen schwimmen gehen.
Ich glaube auch, dass das permanente Meckern über das Gehalt und zu wenig Zeit ein Klischee ist. Der Stress und die Unzufriedenheit beginnen im Kopf und wenn man sich dauernd mit anderen Berufsgruppen vergleicht.
Wichtig ist, dass man sich in Pflegeberufen nicht unter Wert verkauft, dafür ist der Beruf zu wichtig.
Wo sehen Sie die Leichtigkeit in Ihrem Berufsalltag, die Außenstehende auf den ersten Blick nicht sehen?
Wenn mich jemand fragt, was ich beruflich mache, dann sage ich, ich fahre von Haus zu Haus und verbreite Frohsinn. Ich liebe es, Auto zu fahren und man darf sich selbst nicht nerven, wenn man mal im Stau steht. Diese innere Haltung ist meiner Meinung nach extrem wichtig. Ich bin mit meinen Gedanken immer im Hier und Jetzt und lasse mich da durch nichts und niemanden aus der Ruhe bringen.
Viele Außenstehende sagen vor allem Sätze wie: „Das ist schwere körperliche Arbeit, dass könnte ich nicht.“ Also ich leiste keine schwere körperliche Arbeit, da ich niemand Schweren heben muss. Solche Situationen muss man mit Hilfsmitteln klären oder man fährt den Kunden dann eben zu zweit an. Ich entscheide selber, was ich leisten kann und was über meine Grenzen hinaus geht. Und ich bin dafür verantwortlich, gut auf meine Bedürfnisse zu achten.
Wie steht‘s um die Rahmenbedingungen für Ihre Arbeit bei cjd pflege +? Top oder Flop?
Definitiv Top. Wir haben als Team alle Möglichkeiten, uns weiterzubilden, zu entwickeln und auch kreativ zu sein. Und ein ganz wichtiger Punkt: die Bezahlung stimmt.
Die Touren werden bei uns in gemeinsamer Teamarbeit zusammengestellt. Kann ich die Tour so fahren oder nicht? Reicht die Zeit bei den Kunden? Und wenn nicht, woran liegt es und was können wir ändern? Diesen Fragen stellen wir uns gemeinsam im Team und wachsen daran. Das erfordert natürlich im Gegenzug eine ehrliche, offene Kommunikation zwischen allen Kolleginnen und Kollegen. Oft ist auch der Kunde ein Gradmesser, ob alles im Team funktioniert. Und sollte einmal was im Argen liegen, muss man es ansprechen. Bei uns wird miteinander gesprochen nicht übereinander.
Schön finde ich auch, dass wir zukünftig wählen können zwischen Dienstwagen und Dienstfahrrad, was natürlich im Sommer eine tolle Sache sein kann. Und neue Ideen sind absolut gern gesehen und finden immer offene Ohren.
Wie sieht so ein ganz normaler Arbeitstag bei Ihnen aus?
Ich starte meistens 5 Uhr in unserem Dienstbüro, wo ich alle Schlüssel und Medikamente für die geplante Tour einsammle. Und dann geht’s auch schon los zum ersten Kunden, wo ich zum Beispiel bei der Körperpflege helfe. Beim nächsten Kunden stelle ich die Medikamente und beim übernächsten muss ich bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten unterstützen. Insgesamt fahre ich in 8 Stunden 15 Kunden an. Zwischendurch Radio hören, im Stau stehen, Parkplatz suchen, Essen und einfach Spaß haben und ihn auch weitergeben.
Mit welchen 5 Schlagwörtern würden Sie das Team von cjd pflege + beschreiben?
humorvoll, wir lieben Menschen, verrückt, motiviert, kommunikativ
Welche Vorteile bringt ein Beruf in der ambulanten Pflege mit sich?
Es macht mich innerlich glücklich und zufrieden, anderen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Und auch die Arbeit in einem Netzwerk aus Kollegen vom ambulant betreuten Wohnen, Ärzten und Co zu arbeiten, macht unglaublich viel Spaß. Wenn ich zum Beispiel auf meiner Tour Stolpersteine in den Wohnungen meiner Kunden sehe, dann gehen wir als Team in Kommunikation mit Helfern wie Ärzten, Palliativteam, Therapeuten, Hausnotrufen, Fahrdiensten, Familien oder dem CJD Familienunterstützenden Dienst.
Ich sehe wie gesagt den Schichtdienst auch als Vorteil. Das Autofahren sollte man in diesem Beruf schon sehr mögen, denn der Dienstwagen ist wie dein zweites Zuhause.
Sind Sie eher das weiße Kaninchen aus Alice im Wunderland, das ständig der Zeit hinterher rennt oder ist Ihr Arbeitsalltag entspannt trotz zeitlicher Vorgaben?
Das Schimpfen über mangelnde Zeit beim Kunden ist Klischee. Es ist immer die Sicht auf die Dinge.
Klar muss es einen Tourenplan geben und gewisse zeitliche Vorgaben. Und es kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren. Aber wir arbeiten mit Menschen und die stehen neben dem zeitlichen Raster dennoch im Vordergrund.
Natürlich ist es mir nicht möglich, jeden Tag den Wunsch der Kunden nach einem gemeinsamen Kaffee zu erfüllen. Aber ich habe mir einen Kaffeewochenplan gemacht. Das heißt, dass ich mir Zeit einplane für genau diese Wünsche, nur eben Montag bei Herrn x und Freitag bei Frau Y.
Für Ihren Beruf benötigen Sie eine gehörige Portion Robustheit, sowohl körperliche, als auch psychische, und Respekt vor der Intimsphäre des Kunden. Was brauchen Menschen noch, die sich bei cjd pflege + bewerben?
Soziale Kompetenz, kommunikativ, sich zurücknehmen, denn alle Kunden sind selbstbestimmte Menschen und nicht dieser defizitorientierte Blick.
Ich glaube, dass Menschen in diesen Pflegeberufen ausbrennen, weil sie aus ihrer Sicht ständig die Defizite der zu pflegenden Menschen sehen und das Thema Sterben ohne Zeit zu trauern sie umgibt.
Wichtig ist, nicht das Defizit der Menschen zu sehen, sondern die Menschen dahinter. Man teilt mit ihnen viele besondere Begegnungen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich fände es schön, wenn unser Team von cjd pflege + weiter wächst und Frohsinn bei unseren Kunden verbreitet. Mir ist der Konkurrenzgedanke völlig fremd.
Händeringend suchen Menschen zu Hause Pflegedienste, so dass man sich eigentlich nicht um Kunden streiten oder in Konkurrenz mit anderen treten muss. Es gibt einen Pflegedienst in Erfurt mit dem wir kooperieren, das finde ich sehr schön.
Ansonsten würde ich mich freuen, wenn sich Kollegen von Pflegediensten am Wochenende auf den leeren Straßen grüßen. Am liebsten würde ich gern allen winken und sagen: „Hey, bin stolz auf euch, dass ihr diesen Job macht.“
19.12.2018