Ein Engel zu Besuch

04.07.2016 CJD Erfurt « zur Übersicht

Sommerliche Temperaturen und fröhliche Stimmen tönen aus dem großzügigen Garten von Haus Lebensfreude, dem heilpädagogischen Wohnen für Kinder und Jugendliche im CJD Erfurt. „Der Name ist hier Programm“, lächelt Katy Kirchners, Leiterin des Wohnbereichs für 40 Kinder und Jugendliche. Stolz führt sie eine junge Frau mit leuchtend roten Haaren durch das Haus. Die Kinder sind so in ihr Spiel vertieft, dass sie den Besuch aus dem Landtag fast verpassen. Doch dann entdecken Jenny und Marcel die Frau, die sonst nicht zum Team von Haus Lebensfreude gehört und schütteln ihr freudestrahlend die Hand.

Kati Engel ist kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag und freut sich über die stürmische Begrüßung. Doch die Abgeordnete ist nicht nur zum Händeschütteln gekommen. „Ich möchte so viele Kinder- und Jugendeinrichtungen wie nur möglich im Landkreis kennlernen und dafür bietet sich die Ferienzeit an“ erklärt Kati Engel. Bei Kaffee und selbstgemachten Muffins der Kinder kommen die Abgeordnete, Katy Kirchner und Angelika Weirich, Fachbereichsleiterin Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, Elementarpädagogik und Familienbildung, schnell ins Gespräch. Kati Engel stellt viele Fragen zu den Abläufen im Wohnbereich und will wissen wo es aus Sicht des Trägers Änderungswünsche gibt. Bei den Änderungswünschen sind sich Angelika Weirich und Katy Kirchner sofort einig – die Ungleichbehandlung der Kinder durch die unterschiedliche gesetzliche Verortung. Leistungen für Kinder mit körperlichen Behinderungserfahrungen und Lernschwierigkeiten werden nach SGB XII finanziert. Dagegen beziehen Kinder ohne Behinderungserfahrung ihre Leistungen über SGB VIII. Diese unterschiedliche Zuordnung bringt jedoch einige Nachteile mit sich. Angelika Weirich beschreibt den Umstand kurz am Beispiel vom Taschengeld: „Ein zwölfjähriges Kind mit Behinderungserfahrung hat nach SGB XII monatlich Anspruch auf 12,39 Euro Taschengeld. Ein gleichaltriges Kind ohne Behinderungserfahrung hat jedoch nach SGB VIII Anspruch auf 21,50 Euro pro Monat.“

„Diese Ungleichbehandlung muss endlich ein Ende haben“, hofft auch Kati Engel. Als die Leiterin des Hauses dann die ein oder andere Geschichte erzählt, wird schnell klar, dass der restliche Taschengeldbetrag fehlt. So wird es bei einigen Kindern schon sehr knapp mit einem Friseurbesuch, weil das Geld einfach vorn und hinten nicht reicht. Doch das Team vom Haus Lebensfreude ist sehr kreativ und erfinderisch und kann so manchen Mangel ausgleichen. Nur einen Mangel können die Sozialpädagogen, Erzieher und Heilerziehungspfleger nur schwer kompensieren: die oft fehlende Liebe und Zuwendung der Eltern. Das Sorgerecht für das eigene Kind zu haben bedeutet auch, den Pflichten nachzukommen. Dazu gehört, dass regelmäßig Kontakt mit dem Kind und dem Wohnbereich gehalten wird und die Arbeit des Teams durch unbeantwortet Briefe und Telefonate nicht erschwert wird. „Da stehen wir bei vielen Eltern noch ganz am Anfang, aber wir sind guter Dinge, dass wir mit viel Beratung und Unterstützung in Zukunft aktivere Elternarbeit erleben werden“, erklärt Katy Kirchner.

Mit vielen Eindrücken und dem ein oder anderen Wunsch an Veränderungen, die schon längst überfällig sind, verabschiedet sich die Landtagsabgeordnete von den Kindern und Jugendlichen und dem gesamten Team von Haus Lebensfreude.